Erfahrungsberichte

Dies sind einige Erfahrungen, die trans und nicht-binäre Personen mit dem Gesundheitssystem gemacht haben. Wenn du deine Erfahrungen auch teilen willst schreibt uns gerne. Erzähl uns was dich nervt. Was sollte sich ändern? Schick auch gerne Sprachnachrichten oder Videobeiträge, oder mach einen social-media Post mit dem hashtag #transgesundheit

Dies sind keine Einzelerfahrungen. Sie spiegeln die strukturellen Diskriminierungen wieder, die trans und nicht-binäre Personen im Gesundheitssystem erleben.

Die geschilderten Erfahrungen sind teils sehr gewaltvoll und grenzüberschreitend. Passt beim Lesen auf euch auf!

 

„Mein Therapeut hat versucht mir meine Transidentität auszureden und Nebenwirkungen von Testosteron erfunden.“

Ich bin mit 14 zu einem Transspezialisierten Therapeuten gekommen. Er war der einzige Therapeut in meinem Bundesland, der keine jahrelange Warteliste hatte und somit irgendwo meine bestmögliche Hoffnung. Ich bin mit der Erwartung dorthin gekommen Hormonblocker und Testosteron zu bekommen. Schon in der ersten Sitzung fragte er mich, ob ich schon mal von dem Transjungen-Trend gehört hätte. Das wäre ein Trend in dem sich nicht norm-schöne Mädchen das Transmännlichsein einreden, um mit sich selbst klarzukommen, und ob das nicht eher auf mich zutreffen würde. Danach hat er meine Identität hinterfragt, weil ich nicht von ganz klein auf nur blau und Autos mochte. Er hat außerdem Nebenwirkungen von Testosteron erfunden oder verstärkt dargestellt, um mich davon zu überzeugen einen anderen Weg zu finden. Ich war 3 Jahre dort bei ihm und habe alles gegeben, um in sein Transbild zu passen und endlich meine Indikation zu bekommen. Mit 17 habe ich aufgegeben und bin zu einer Beratungsstelle gekommen. Ich habe dort nach 6 Wochen meine Indikation bekommen und nach weiteren 2 Wochen hatte ich mein Testogel in der Hand. So einfach könnte und sollte es gehen.

„Mein Gynäkologe starrte während meines Termins immer wieder auf meinen Binder.“

Als ich zum Gynäkologen ging, weil ich einen Bescheid für meinen Mastektomieantrag brauchte, nannte er mich „Frau“, obwohl ich am Empfang gefragt wurde, was meine Anrede sei.
Er starrte während des 5-minütigen Termins immer wieder auf meinen Binder. Als er mich fragte, was ich brauche, sagte ich ihm, dass ich einen Nachweis brauchte, das ich nicht intersex bin. (Denn nach den beschissenen deutschen Gesetzen können intersexuelle Menschen nicht trans sein)
Daraufhin sagte er mir: „Ja, aber das kann Ihr Therapeut machen.“ Ich versuchte ihm zu erklären, was intersexuell bedeutet, und er unterbrach mich mit den Worten „natürlich weiß ich, was das ist“. Ich ging raus ohne das Dokument, das ich brauchte.

„Ich fing mit 17 mit Therapie an. Mein Therapeut fragte mich detailliert dazu aus, wie ich masturbiere. Ich habe mich sehr geschämt. Er drohte die Therapie abzubrechen, wenn ich nicht antworte.“

Ich nehme zwar „nur“ Hormone, aber auch dafür muss man bekannterweise Therapie machen und sich Indikationen einholen.

Hier einige Fragen, die mir mein Therapeut dabei gestellt hat, „weil das Thema Geschlecht auch immer was mit dem Thema Sex[ualität] zu tun hat“. :#

Wie masturbieren Sie? Nur reiben, oder haben Sie auch mal ‘nen Finger eingeführt?
Wie oft masturbieren Sie? In welchen Situationen?
In welchem Alter haben Sie mit dem Masturbieren angefangen?
Woran denken Sie, wenn Sie masturbieren?
Woran denken Sie genau im Moment vor dem Orgasmus?
Wie sehen Sie sich selbst in ihren erotischen Fantasien? Sind Sie da ein Mann oder eine Frau?
Mit welchen Leuten haben Sie in ihren Fantasien Sex? Auf welche Weise?
Was erregt Sie? Sind Sie leicht erregt?
Schauen Sie Pornos? Was für Pornos?
Haben Sie Sex mit Männern oder Frauen?
Nehmen Sie dabei eher die aktive oder passive Rolle ein?

Ich habe mich sehr geschämt, diese Fragen zu beantworten. Nachdem ich ein paar Antworten verweigert hatte, weil es mir unangenehm war, kam von meinem Therapeuten sinngemäß die Rückmeldung: Wenn Sie nicht mit mir darüber sprechen, kommen wir in der Therapie nicht weiter.

Das hörte sich in meinen Ohren so an, als hinge meine Indikation davon ab, und ich würde es einfach aushalten müssen.

Irgendwann habe ich angefangen, meine Antworten zu beschönigen, mehr trans Klischees zu bedienen, und alles, was vom vollkommenen Mannsbild abweichen könnte, zu verschweigen.

Das Traurige an der Situation war, dass mein Therapeut ein eigentlich aufgeklärter, junger Typ war, der frisch von der Uni kam. Er war zumindest oberflächlich tolerant gegenüber Gedanken und Fragen zum Thema Nichtbinarität, und potenziellem Regret (er benutzte das englische Wort), und trotzdem hat er, wann immer ich ihn drauf angesprochen habe, die Indikation verweigert. Einige Male kam wortwörtlich der Satz „Das reicht mir noch nicht“. Er hat sich selbst vielleicht als progressiv gesehen, aber sobald er Teil eines Systems voller Gatekeeping und Fremdbestimmung war, und Gatekeeping zu seinem Job wurde, hat er genau das reproduziert, was er in manchen Therapiesitzungen mit mir zusammen kritisiert hat. Dann gab es aber auch Sitzungen, in denen er eher konservativ drauf war. Ich konnte ihn schlecht einschätzen, und schon gar nicht vorrausahnen, was er von mir hören wollte. Oft hatte ich das Gefühl, mich ihm beweisen zu müssen.

Ich war drei Jahre lang bei ihm in Behandlung, im Alter von 17 bis 20, und es hat mir ehrlich gesagt nichts gebracht. Weder habe ich durch seine Unterstützung meine Geschlechtsidentität besser verstanden, noch hat er meine anderen psychischen Probleme behandelt, die stark durch die Dysphorie verstärkt wurden.

„Ich habe dringend eine OP gebraucht. Während der langen Wartezeiten wurde ich suizidal und habe Essstörungen entwickelt. Seit der OP geht es mir wieder gut.“

Bei mir waren es Krankenkasse und die eventuelle Haftbarkeit von Ärzten die alles kompliziert gemacht haben. Ich brauchte dringendst die OP und habe vor der Therapeutin alles versteckt – dass ich „nur“ nonbinary bin, mentale Krankheiten und ungesunde coping mechanisms. Denn Krankenkassen zahlen gerne nicht. Letztendlich hab ich die Behandlung off-label bekommen und auch nur Dank meinen Eltern. Ich bin zwar erwachsen, aber trotzdem mussten sie den Ärzten bestätigen, dass ich es ernst meine. Zwischen den ewigen Wartezeiten war ich suizidal, hab eine Essstörung entwickelt und Medikamente (quasi Hormonblocker) missbraucht um irgendwie klar zu kommen. Dass Trans-Menschen für die OPs überlebenswichtig sind, in diesem System ein Fall für die Psychiatrie sind, sagt alles. Denn hätte ich erzählt, wie’s mir geht, wäre ich dort gelandet und hätte niemals die OP bekommen.

Für mich ist es unverständlich, dass Krankenkassen immer noch annehmen, man könnte ja mal versuchen Dysphorie weg zu therapieren. Und ich hoffe es wurde aus meinen Erfahrungen klar, warum das extrem gefährlich sein kann. Mir geht es seit der OP wieder gut. Aber es hätte halt auch super schnell anders laufen können.

„Ich bin nicht-binär, deswegen bezahlt meine Krankenkasse keine Haarentfernung. Ich habe mir das notwendige medizinische Gerät jetzt selbst besorgt. Auch wenn wir uns viel Mühe geben ist es natürlich ineffektiver, schmerzhafter und schlicht auch gefährlicher so etwas bei sich zuhause im Wohnzimmer zu machen.“

Weil ich nicht existiere

Ich bin nichtbinär trans. Das bedeutet, dass ich weder Mann noch Frau bin sondern einfach nur ich. In meinem Pass ist bei Geschlecht „divers“ eingetragen weil das am besten passt. Was bei meinem Pass geht funktioniert wenn es um Gesundheitsversorgung geht leider nicht. Der Gerichtsentscheid, den ich brauchte um meinen Geschlechtseintrag ändern zu lassen, wird hier einfach weggewischt.
Meine Krankenkasse will nur binäre trans Menschen anerkennen. Also Menschen die klar Mann oder Frau sind. Nur wenn du klar Mann oder Frau bist und sehr entwürdigende Begutachtungen über dich ergehen lässt hast du die Chance Zugang zu medizinischer Behandlung zu bekommen. Menschen wie mich, die weder das eine noch das andere sind, gibt es für die Krankenkasse nicht. Und wenn es mich nicht gibt kann ich ja auch keine Behandlung bekommen. Dadurch bin ich komplett auf mich alleine gestellt wenn ich diese Behandlung aber trotzdem benötige. Ich habe beispielsweise keinen Zugang zu permanenter Haarentfernung. Ein Verfahren bei dem eine kleine Elektrode in den Haarkanal eingeführt wird und jede Haarwurzel einzeln, über einen Hitzeimpuls, verödet wird. Ein Eingriff der normalerweise von speziell ausgebildeten Fachpersonen durchgeführt wird, schmerzhaft und sehr langwierig ist. Ich hab mir die dafür notwendigen medizinischen Geräte besorgt und führe diese Eingriffe mit Hilfe meines Freundes jetzt selbst durch. Auch wenn wir uns viel Mühe geben ist es natürlich ineffektiver, schmerzhafter und schlicht auch gefährlicher so etwas bei sich zuhause im Wohnzimmer zu machen. Die Behauptung meiner Krankenkasse, dass es Menschen wie mich nicht gäbe kann für mich zu sehr realen Narben im Gesicht führen. Es ist völlig absurd und gefährlich mir den Zugang zu Gesundheitsversorgung zu verwehren nur weil ich nicht in das gewünschte Bild von trans passe. Ein Bild das schon immer eine Außenperspektive auf trans Menschen war und mehr damit zu tun hat was cis Menschen gerne in uns sehen würden als wer wir tatsächlich sind. Eine Außenperspektive die auch denen schadet die die sehr hohen Anforderungen an „korrekt trans sein“ erfüllen können. Nur weil manche von uns euch anlügen und eure ganzen platten Klischees bestätigen um Zugang zu Gesundheitsversorgung zu bekommen heist das noch lange nicht das all das auch stimmt.
Nur weil ihr mich nicht sehen wollt, heist das nicht dass ich nicht da bin.

„Für die abstrusen Vorstellungen meiner Therapeutin über Weiblichkeit habe ich mich in die Gefahr begeben müssen, in einem Viertel mit rechter Szene als klar erkennbare trans Frau aus dem Haus zu gehen. Ich war extremen Anfeindungen und verbalen Aggressionen (Todesdrohungen und Anschreien) ausgesetzt. Selbst als ich in pinkem Mini-Rock vor ihr saß, genügte ihr das nicht, um eine Indikation auszustellen.“

1. Ich habe über mehrere Monate, knapp ein Jahr, erst keinen Therapieplatz gefunden. Es gab zu wenig Kassenplätze.

2. Bei denjenigen, die noch freie Plätze hatten, wurde ich mit sehr unangenehmen Fragen sehr bald bedrängt. Bspw. Wurde in den ersten Sitzungen gefragt, wie ich den Geschlechtsverkehr habe. Ich hatte nicht das Gefühl, ernstgenommen zu werden. Es kam auch zu Misgendering, nachdem ich mich weiblich vorgestellt hatte.

3. Als ich dann einen Platz gefunden hatte, schrieb mir die Therapeutin relativ bald vor, wie ich aufzutreten hätte, der sog. „Kleidertest“. Ich habe einen deutlich sichtbaren Bartschatten, selbst nach Nassrasur gegen die Linie und eine männlich Stimme. Selbst mit Make-up werde ich also relativ schnell als trans erkannt. Ich lebe in einer Stadt, in der das schlicht gefährlich ist. Dennoch hat die Therapeutin darauf bestanden, den Kleidertest bei jeder Gelegenheit durchzuführen. Jedoch hat ihr auch das nicht gereicht, weil mein Auftreten noch immer nicht feminin genug für sie war. Also sollte ich Stöckelschuhe tragen und Augen-Make-Up benutzen. Dass ich schon extreme Anfeindungen und verbale Aggression (Todesdrohungen und Anschreien auf der Straße) für mein bisheriges Auftreten erfahren habe, nahm sie nur zur Kenntnis, änderte aber ihre Meinung nicht.
Sie hat auch einmal ohne Warnung das T-Wort fallen lassen. Ob es um den Eigennamen einer Gruppe ging, kann ich nicht sagen, da ich zu erschüttert war, um dem Gespräch in dem Moment noch zu folgen.

4. Nach 22 Sitzungen und drei Jahren stellte sie dann fest, dass ich ja nur das Mindeste getan hätte und sie sich nicht sicher sei und mir keine Indikation ausstellen wollte. Ich saß zu diesem Zeitpunkt in einem pinken Minirock vor ihr.

Außerdem habe sie mich ja auf Depressionen behandelt. Sie stellte fest, dass es nach dem Beginn der Hormonbehandlung „kein Zurück“ mehr gäbe. Als ob ich das nicht wüsste und wollte. Zu diesem Zeitpunkt war ich komplett geoutet und habe etwa 2 Jahre lang in der neuen Geschlechtsidentität gelebt. Soweit mir eben diese Weiblichkeit zugestanden wurde. Absichtliches Misgendering und solches aus Rücksichtslosigkeit sind ein alltägliches Erlebnis.

5. Ich habe mir dann mithilfe einer neuen Therapeutin ein Indikationsschreiben aufsetzen lassen. Wegen der alten Therapie habe ich eine Therapiesperre von einem Jahr und müsste so oder so bezahlen. Falls dieser Weg abgelehnt wird, behandele ich mich selbst, da ich von diesem System nichts mehr erwarte.

6. Kurz: Ich war vier Jahre lang Misgendering und Clocking ausgesetzt. Erfahrungen, die ich als beinahe traumatisch erlebt habe. Für die abstrusen Vorstellungen meiner Therapeutin über Weiblichkeit habe ich mich in die Gefahr begeben müssen, in einem Viertel mit rechter Szene als klar erkennbare trans Frau aus dem Haus zu gehen. Ich muss täglich eine Glattrasur mit anschließender Schminke hinter mich bringen, um nicht sofort geoutet zu werden. Make-Up ist für mich keine Freude, sondern gesellschaftlicher Zwang. Ich habe wenig Hilfe und nur oberflächliches Verständnis von Unbetroffenen erfahren.

„Meine Endokrinologin erzählte mir, das trans männliche Personen, die Kinder kriegen wollen, eigentlich nur „burschikose Frauen“ seien.“

Ich bin 19, trans* männlich und bin bezüglich Transition den Schritt der Pubertätsblocker Enantone gegangen (bisher).

Ich finde es nicht in Ordnung, dass sowohl bei Kontrollen bei Hausärzt*innen als auch bei spezifischen Ärzt*innen nicht darauf geachtet wird, wie ich angesprochen werde. Selbst bei sensiblen Ärzt*innen ist das noch ein großes Problem.

Dazu kommt, dass meine Endokrinologin mich bisher auf medizinischer Ebene gut begleitet hat, dann aber doch etwas unterschwellig Transphobes gesagt hat. Sie sagte mir, dass eine Person, wenn sie sich entscheidet Testosteron nehmen zu wollen, sich sicher sein muss keine Kinder zu wollen. Es ginge einfach nicht, dass trans* Menschen Kinder kriegen wollen und wenn eine Person Testosteron nehmen und Kinder kriegen wollte, müsste sich diese Person überlegen, ob sie nicht doch nur eine „burschikose Frau“ sei. Solche Aussagen verunsichern und verletzen und gehören nicht in eine Praxis, die (angeblich) Erfahrung mit der Behandlung von trans* Menschen hat.

Bei solchen Begegnungen ist auch immer wieder problematisch, dass gerade bei der Behandlung von trans*Personen keine einheitlichen Informationen existieren. Das macht eine Suche nach Informationen extrem schwer, aufwändig und manchmal sogar fast unmöglich.

Zusätzlich ist auch nicht immer einfach nachzuvollziehen, was von den Krankenkassen bezahlt wird und auch die Fachärzt*innen haben dazu nicht immer Infos. Beispielsweise müssen meine Eltern jetzt seit mehreren Monaten meine Therapiekosten privat zahlen, weil sie nicht von der Krankenkasse übernommen werden. Das baut nochmal zusätzlichen Druck bei mir auf und ich kann mich leider weniger auf den eigentlichen Grund der Therapie konzentrieren.

Und schließlich kann ich nur für mich sagen, dass ich bisher noch nie bei eine*r/m Gynäkolog*in war. Das liegt daran, dass ich eine sehr starke Bottom Dysphoria habe und mich nicht traue, es liegt aber auch daran, dass ich kaum Gynäkolog*innen in meiner Umgebung finde, mit denen gute Erfahrungen in der trans* Community gemacht wurden. Auch das verunsichert mich und macht es mir schwer, für meinen Körper die notwendige medizinische Begleitung zu gewährleisten.

„Ich hatte suizidale Episoden und meine Psychiaterin weigerte sich diese korrekt zu behandeln. Sie schlug vor stattdessen entweder meine Hormonbehandlung zu beenden oder halt damit klar zu kommen, weil es anderen Frauen auch so ginge.“

Ich habe die folgenden Erfahrungen gemacht:

– Eine Psychiaterin hat sich jahrelang geweigert mich trotz regelmäßiger suizidaler Episoden medikamentös richtig einzustellen da ihrer Meinung nach meine Hormontherapie mit Östrogen der Grund für meine extreme emotionale Instabilität gewesen sei. Sie hat in diesem Kontext auch Aussagen wie „so geht es jeder Frau im Verlauf eines Hormonzyklus, stellen sie sich nicht so an“, „Wenn das für sie ein Problem ist müssen sie halt die Hormontherapie abbrechen“ und „Sie haben sich das ausgesucht, sie wollten doch eine Frau sein, jetzt müssen sie halt damit klarkommen“

– Eine Psychotherapeutin in einem teilstationären Kontext fragte in der Erstsitzung, ob meine nichtbinäre Partnerperson einen Penis oder eine Vulva hat. Als ich ihr mitgeteilt habe, dass ich die Frage unangebracht, unpassend und nicht relevant finde, meinte sie, dass in einem tiefenpsychologischen Kontext und Beziehungstherapeutisch die Frage sehr relevant, berechtigt und angebracht wäre.

– Dieselbe Psychotherapeutin hat in unseren Gesprächen meine Partnerperson konsequent männlich dargestellt und betitelt, obwohl ich explizit erklärt habe, dass they kein Mann ist. Der Therapeutin ging es hierbei hauptsächlich darum meine Person in einer besonderen Weise aufgrund von Diagnosen zu stereotypisieren (als „Mann mit Kommunikationsproblemen“).

– Eine andere Psychiaterin hat mich nach 2 Terminen im Abstand von 6 Monaten „zur Rede gestellt“ und mich eindrücklich gefragt, ob ich „wirklich eine Frau sein“ möchte und es nicht wahrscheinlicher ist, dass ich einfach „sehr schwul“ bin.

– Eine behinderungsbedingte Alltagsassistenzkraft im Kontext einer anderen teilstationären Unterbringung weigerte sich mich korrekt anzusprechen und hat mir gegenüber impliziert, dass wenn sie mich korrekt ansprechen würde, sie in der Einrichtung in der ich untergebracht war „nicht für [meine] Sicherheit garantieren kann“.

– In einem Krankenhaus wurde eine Einschätzung meines Risikos für Infektionskrankheiten erfragt. In dieser wurde erstens so gefragt, als ob Hauptfaktor für eine Risikoeinschätzung ist, ob ich queer bin (was natürlich nicht korrekt ist) und zweitens wurde mir gesagt, dass es für meine Risikoeinschätzung nicht akzeptabel ist, dass ich sage meine Partnerperson ist nichtbinär weil seine*ihre beim Sex verwendeten Körperteile wichtig abzufragen seien.

– In einem teilstationären Kontext wurde mir gesagt, dass weil ich keine rechtliche Namensänderung vorgenommen habe der Name der auf allen meinen Therapieplänen, meinem gelieferten Essen und meinem Geschirr mein „rechtlicher Name“ (Deadname) sein müsste und man daran nichts ändern könnte. Als ich erklärte, dass ich einen Trans* Ergänzungsausweise habe wurde mir gesagt sie hätten davon noch nie gehört und wüssten damit nichts anzufangen. Als ich den Ausweis vorgezeigt habe, auf dessen Rückseite eine Webadresse mit mehr Informationen angegeben ist, wurde versäumt auch nur kurz diese Seite aufzurufen. Stattdessen bekam ich gesagt da könnte man nichts machen und ich müsste damit klarkommen. Schlussendlich haben sich einige Menschen im Pflegeteam dazu bereiterklärt meinen Deadname zu überkleben und überschreiben, wenn er vorkommt. Wobei das eben nicht offiziell erlaubt oder erdacht war, sondern nur von sympathisierenden Pflegepersonen erdacht.

– In einem hausärztlichen Kontext weigerte eine Ärztin sich mich zu untersuchen als ich länger andauernde Unterleibsschmerzen beschrieb. Sie hatte davor 20 Minuten damit verbracht mit mir zu streiten, ob sie mich rechtlich als „Frau“ bezeichnen und aufrufen dürfte oder ob sie „rechtlich Probleme bekommen“ könnte, wenn sie mich nicht wie in meinem Pass angegeben typisch männlich anspricht und bezeichnet. Die Ärztin sagte zu mir, sie bräuchte mich nicht zu untersuchen, ich hätte nur einen Magendarminfekt und sollte mich „zuhause auskurieren“. Am selben Tag ging ich später in die Notaufnahme und wurde eingewiesen, weil ein ernstzunehmendes und potentiell lebensbedrohliches Gesundheitsproblem vorlag.

– Eine Endokrinologin sagte mir, ich sei „zu übergewichtig“ um eine gegengeschlechtliche Hormontherapie anzufangen und sollte erst einmal mindestens 20kg abnehmen, bevor ich das überhaupt in Betracht ziehe.

Es gibt noch einige andere Erfahrungen, aber das alles zu schreiben ist schon unangenehm. Von dem her belasse ich es hierbei.

„mir ist erst kürzlich aufgefallen, dass ich regelmäßig falsch behandelt werde.“

Als chronisch kranke trans Person ist mir erst kürzlich aufgefallen, dass ich regelmäßig falsch behandelt werde. Behandlung und Diagnostiken unterscheiden sich je nach biologischer Gegebenheit. Diese wird aber zum einen regelmäßig gar nicht korrekt erfasst und teilweise sogar willkürlich angenommen. Das führt dann natürlich zu Fehlbehandlungen mit teils schwerwiegenden irreversiblen Folgen.

Es fehlt an der konsequenten Aufklärung und ein System, um die korrekte Erfassung auch über unterschiedliche Stellen hinweg zu garantieren!

Im Zweifel hängt mein Leben davon ab!

„Ich habe schon viel früher gemerkt, dass was nicht stimmt, und ich bin wütend, dass ich nicht ernst genommen wurde. Aber weil ich trans bin, wurde mir einfach abgesprochen, dass ich weiß, wenn was mit meiner Gesundheit nicht stimmt.“

Ich befinde mich seit über 3 Jahren in Hormonbehandlung mit Testogel und schon nach einem halben Jahr hatte ich das Gefühl, dass meine Dosis zu niedrig ist. Ich hatte Hitzewallungen und fühlte mich mega schlapp. Meine Blutwerte waren aber verwirrend: bei den Kontrollterminen schwankte der Testowert immer zwischen niedrigen und extrem überhöhten Werten. Zusammen mit meinen Symptomen hätte das eigentlich schon zeigen müssen, dass was nicht stimmt.

Meine Endokrinologin (die sich laut eigener Aussage mit der Hormonbehandlung von Trans*personen gut auskennt) hat dann meine Dosis weiter runtergesetzt.
Mir ging es danach noch schlechter, mit konstanten Hitzewallungen, und ich wurde schwer depressiv. Laut meiner Endo war die Dosis aber immer noch zu hoch, weil die Blutwerte nicht stimmten. Mein eigenes Befinden war ihr egal. Ich habe mich im Internet schlaugemacht und hatte echt viele Symptome von Hormonmangel. Es war ihr aber weiterhin egal, und sie ignorierte auch, wie schlecht es mir ging. Sie hat sich auch nicht dafür interessiert, dass da irgendwas nicht stimmen kann mit den Werten und wollte der Sache nicht nachgehen. Sie hat einfach die Dosis weiter runtergedreht und gehofft, dass die Werte stimmen werden. Was sie trotzdem nicht taten. Sie sind immer noch extrem hin und her gesprungen.

Ich musste ein Jahr lang dafür kämpfen, meine ursprüngliche Dosis zurückzubekommen, und dann musste ich bei jedem Kontrolltermin wieder dafür kämpfen, die Dosis zu behalten. Die Dosis wurde in der Zeit mehrfach runtergesetzt und dann wieder erhöht, nachdem es mir dann natürlich wieder extrem mies ging. In der gesamten Zeit habe ich immer wieder gesagt, dass da was nicht stimmen kann, aber meine Endokrinologin hat nur mit den Schultern gezuckt und gemeint, dann soll ich mir halt statt dem Gel die Spritze geben lassen. Das wollte ich aber nicht machen, bevor ich nicht wusste, was mit meinen Hormonen los war.

Ich war in der Zeit bei 5 verschiedenen Endokrinologien, um mich weiter schlauzumachen, und auch da waren die Ergebnisse verwirrend: Manchmal waren meine Testo-Werte zu hoch, manchmal zu niedrig oder voll okay. Niemand hat sich dafür interessiert, wie es mir geht, oder dass die Werte im Gesamtbild komisch sind, sondern die Ärtz*innen waren fast schon sauer auf mich, dass ich meine Endokrinologin in Frage stelle. Der Konsens war, dass ich einfach das machen soll, was die Endo sagt, und dass ich mir meine Symptome wahrscheinlich einfach einbilde.

Irgendwann habe ich auf eigene Faust mehr Testogel genommen und gemerkt, wie viel besser es mir geht: Keine Hitzewallungen mehr, meine Laune war deutlich besser, und ich habe mich wacher gefühlt. Außerdem ist auch in meiner körperlichen Transition mehr passiert. Das habe ich meiner Endo dann auch ehrlich mitgeteilt, aber sie hat dazu nur gesagt „Das hatte ich befürchtet“. So als ob das was schlechtes wäre.

Erst nachdem ich in eine andere Stadt gezogen bin und dort eine neue Endokrinologie aufgesucht habe, stellte die Ärztin dort dann die Frage, ob ich denn vor der Blutabnahme dusche. Weil es kann sein, dass noch Reste des Gels vom Vortag übrigbleiben und die Probe verunreinigen können, auch wenn ich es am Tag des Bluttests woanders auftrage. Und dass das eigentlich immer die erste Ursache ist, die man ausschließen sollte. Das hatte mir bis dahin niemand gesagt. Sie hat mir dann nochmal Blut abgenommen und plötzlich waren meine Werte mit meiner selbst gewählten Dosis normal und fast schon niedrig für den männlichen Normalbereich. Ich habe meine vorherige Endokrinologin mit dieser Tatsache konfrontiert und es war aus ihrer Reaktion ziemlich klar, dass sie das selber nicht wusste, obwohl sie sich ja angeblich mit trans* Themen auskennt.

Das Ende vom Lied ist jetzt aber, dass durch die 3 Jahre mit extrem wechselhafter Hormonbehandlung meine Knochendichte stark gelitten hat. Ich hatte mir im Jahr zuvor den Arm gebrochen, als ich auf der niedrigeren Dosis war, und mir wurde dann geraten, dass ich mich mal untersuchen lassen soll. Mein Orthopäde war da super hilfsbereit, meinte aber auch, dass ich mir eigentlich keine Sorgen machen muss, wenn ich genügend Testo bekomme. Er war extrem überrascht von den Werten, die zurückgekommen sind. Stellt sich raus, ich habe jetzt Osteoporose.

Jetzt muss ich damit klarkommen, nur weil sich meine Endokrinologin jahrelang nicht dafür interessiert hat, wie es mir mit ihrer fahrlässigen Behandlung geht. Ich habe schon viel früher gemerkt, dass was nicht stimmt, und ich bin wütend, dass ich nicht ernst genommen wurde. Die Blutwerte haben von Anfang an nicht übereingestimmt mit meinem Selbstgefühl, aber weil ich trans bin, wurde mir einfach abgesprochen, dass ich weiß, wenn was mit meiner Gesundheit nicht stimmt.

„Einen OP-Termin kann man erst ausmachen, wenn die Kostenübernahme bestätigt ist, dann wartet man ein paar Monate auf die OP – nachdem man mehrere Monate auf die Kostenübernahme gewartet hat.“

  • 5 Seiten Bericht der Psychotherapeutin reichen laut MD noch nicht aus, den Leidensdruck ausreichend darzustellen, das muss noch detaillierter ausgeführt werden!
  • Der Antrag ist seit mehreren Monaten nicht entschieden – alle paar Wochen kommt eine Nachricht mit „wir haben es noch nicht geschafft“ oder „bitte senden Sie noch …“.
  • Unser Kundenbetreuer hat vergessen, Unterlagen, auf die nur er Zugriff hat, an den MD weiterzuleiten – deshalb dauert es nochmal länger, weil der MD das natürlich nachfordert.
  • Es werden Differentialdiagnosen nachgefordert, die über die Anforderungen der Begutachtungsrichtlinie hinausgehen.
  • Einen OP-Termin kann man erst ausmachen, wenn die Kostenübernahme bestätigt ist, dann wartet man ein paar Monate auf die OP – nachdem man mehrere Monate auf die Kostenübernahme gewartet hat.

„Der Arzt bei der Laser-Epilation hat mich immer misgendert und über meinen Körper als “quasi männlich” geredet.“

Die Krankenkasse verschleppt meine Anträge seit Jahren und ignoriert sogar die gesetzlichen Fristen. Mittlerweile habe ich zwei Klagen laufen, aber die laufen jetzt wegen dem BSG-Urteil ins Leere.

Der Arzt bei der Laser-Epilation hat mich immer misgendert und über meinen Körper als “quasi männlich” geredet.

Obwohl ich eine Endokrinologin habe, musste ich auf DIY-Hormone umsteigen, weil sie mir nicht Injektionen verschreibt, die ich aber brauche um gute Werte zu haben und psychisch stabil zu sein.

„Es gibt Leute die trotz HRT einfach nicht passen wollen oder können. Und das wird sowohl in der Medizin als auch in der Community konstant ignoriert und als was negatives dargestellt.“

Was mich nervt ist dass es immer nur ums passing geht und die Identitätsvalidierung oft vom passing abhängig gemacht wird. Es gibt Leute die trotz HRT (Hormone replacement therapy oder Hormonersatztherapie) einfach nicht passen wollen oder können. Und das wird sowohl in der Medizin als auch in der Community konstant ignoriert und als was negatives dargestellt. Das ist mental super belastend. Deswegen ist die binäre Sichtweise in der medizinischen Versorgung ein riesiges Problem.

Das andere ist die verdammte Namensänderung. Für jede Bewerbung muss ich mich outen weil ich keine 1500€ habe für die Gerichtskosten. Und es ist eine Belastung beim Banking und Bewerbungen und Alltag. Jedes Mal auf Verträgen zwei Namen zur Sicherheit stehen zu haben. Meine Sozialversicherung hatte beim ersten Mal mit ner Klage gedroht weil mein Arbeitgeber zu nett war. Inzwischen wissen die Bescheid, aber es war ein Schock erstmal.

„Ich wünschte andere Menschen würden besser verstehen, dass sich Transpersonen (zumindest alle, die ich kenne) in ihrem Alltag nicht nach Aufmerksamkeit sehnen, sondern nach Normalität.“

Es passt vielleicht nicht ganz in diesen Kontext, aber was mich am meisten in meinem Alltag nervt, ist wenn andere Menschen nicht verstehen, wie wichtig die Verwendung der korrekten Pronomen für Transpersonen ist und die Bitte um korrekte Ansprache entweder wie eine nervige Kleinigkeit behandeln oder ihr mit einem augenrollenden Trotz begegnen. Eng damit verbunden ist die zweit nervigste Sache in meinem Alltag (auch wenn sie gut gemeint ist): Entschuldigungsorgien wenn mich jemand aus Versehen misgendert (let’s just move on, please!). Ich wünschte andere Menschen würden besser verstehen, dass sich Transpersonen (zumindest alle, die ich kenne) in ihrem Alltag nicht nach Aufmerksamkeit sehnen, sondern nach Normalität. Und dass mehr von ihnen verstehen würden, dass wir genau das sind, was wir sagen, dass Trans-sein “real” ist und wir nicht krank sind oder uns einfach aus einer Laune heraus dazu entschieden haben trans zu sein um andere zu ärgern. Ich glaube, wenn die Mehrheit der Gesellschaft uns wirklich ernst nehmen würde, würden sich die anderen Hürden in Luft auflösen.
Und wenn ich schon am wünschen bin: Ich wünschte mehr Menschen in der cis-heterosexuellen Mehrheitsgesellschaft würden verstehen, dass unsere Freiheit nicht in Konkurrenz zu ihrer Freiheit steht, sondern dass unsere Freiheit und Akzeptanz auch mehr Freiheit für alle anderen mit sich bringt.

„Als ich 2010 bei der Krankenkasse anrief, um nach dem Bearbeitungsstand
eines Antrags zu fragen, antwortete die Person am Telefon:
„Wir haben auch noch andere Anträge zu bearbeiten, von Patient:innen,
die haben unter anderem Krebs.“

Als ich 2010 bei der Krankenkasse anrief, um nach dem Bearbeitungsstand
eines Antrags zu fragen, antwortete die Person am Telefon:
„Wir haben auch noch andere Anträge zu bearbeiten, von Patient:innen,
die haben unter anderem Krebs.“

Um mit den Hormonen zu starten, forderte mein Endokrinologe ein
Gutachten, dass ich „gynäkologisch unauffällig“ sei. Ich vereinbarte
also den ersten Gyn Termin meines Lebens. Die Gynäkologin weigerte sich
männliche Pronomen zu benutzen. Sie leugnete, dass ich trans bin und
glaubte meinen Aussagen nicht. Sie führe schließlich eine
Routineuntersuchung durch. Schimpfte darüber, was denn ein
Gynäkologisches Gutachten sei und stellte mir nach längerem hin und her
schließlich eine Bescheinigung über die durchgeführte Untersuchung aus.
Es schüttelte mich noch mehre Tage lang, wenn ich an diesen Termin
zurückdachte.

Mein Endokrinologe verschrieb mir zwei-Wochen-Spritzen und einen
Hormonblocker. Andere Präparate waren bei ihm erst nach der Hysto
möglich. Nach zwei Jahren setzte ich die (sinnlosen) Hormonblocker ab
und wechselte den Arzt, um auf 3-Monatsspritzen umzusteigen. Jetzt
blicke ich auf 13 Jahre Hormone zurück und meinem Uterus geht es nach
wie vor wunderbar.