FAQ

[Zuletzt aktualisiert im Februar 2024.]

Was bedeutet trans, nicht-binär, cis etc.?

 

Es gibt bereits ganz tolle Websiten, die diese Begriffe erklären. Hier z.B. trans und nicht-binär.

 

Was heißt trans*spezifische Gesundheitsversorgung?

 

Hierzu gehören Maßnahmen, die bei körperlicher Geschlechtsinkongruenz helfen können. Geschlechtsinkongruenz beschreibt das Gefühl, dass der eigene Körper nicht zu dem Geschlecht passt, was einem bei der Geburt zugeordnet wurde. Dazu gehören bspw. Hormon-Ersatz-Therapie (HET oder in englisch HRT), geschlechtsangleichende Operationen wie Mastektomie, genitalangleichende OPs oder Gesichts-feminisierende OPs, Stimmtraining und Haarentfernungs-Behandlungen.

Es kann auch die ärztliche Grundversorgung beschreiben, wenn diese von trans Personen in Anspruch genommen wird. Viele trans Personen zögern ärztliche Besuche hinaus, weil sie Diskriminierung erfahren oder befürchten. Unaufgeklärte Ärzt*innen und medizinisches Personal, sprechen trans Personen mit falschem Namen an. Krankenkassen weigern sich ihre Karten zu ändern. Ärzt*innen nehmen unsere Probleme nicht ernst und schieben alles auf unsere Geschlechtsidentität.

Warum ist es so wichtig, dass Zugang zu trans*spezifischer Gesundheitsversorgung besteht?

 

Kurz gesagt: Alle Menschen haben das Recht über ihren eigenen Körper zu entscheiden. Deswegen haben auch trans Personen ein Recht darauf frei und informiert über medizinische Transitionsmaßnahmen zu entscheiden.

Eine Meta-Analyse, welche Publikationen von 1991 bis 2017 einbezieht, kommt zu dem Schluss, dass Zugang zu Transitionsmaßnahmen hohen Einfluss auf das Wohlbefinden von trans Personen haben. Sie fasst zusammen, dass „größere Zugänglichkeit von medizinischer und sozialer Unterstützung bei der Transition zu einer besseren Lebensqualität für trans Personen beiträgt“.

Wird die Transition pausiert oder abgebrochen, dann in den allermeisten Fällen wegen erlebter Diskriminierung, sozialem oder elterlichem Druck, fehlendem Zugang zu Behandlungsmöglichkeiten oder um eine nicht-binäre Geschlechtsidentität zu erkunden. In den seltensten Fällen bemerken Personen plötzlich, dass sie doch nicht trans sind. Dennoch werden diese wenigen Fälle benutzt, um den Zugang zu Transitionsmaßnahmen zu beschränken. So wird von manchen Feminist*innen verbreitet, dass medizinische Behandlungen häufig zu Bereuen führen und gefordert, Behandlungen möglichst schwer zugänglich zu machen. Dieser Mythos wird durch die Erzählungen über dramatisierte Einzelschicksale untermauert, entspricht aber nicht der überwiegenden Erfahrung von trans Personen. Aktuelle Studien zeigen, dass es kaum eine andere medizinische Behandlung mit so hohen Zufriedenheitsquoten gibt. Bei geschlechtsangleichenden Operationen sind über 99% mit dem Ergebnis zufrieden. Dies deckt mit sich mit den Erfahrungen deutscher Chirurg*innen, bspw. berichtet Dr. Wolter, welcher seit 11 Jahren regelmäßig trans Personen behandelt, dass er in seiner gesamten Karriere einen einzigen Fall von Regret hatte.

Welche Schäden entstehen, wenn der Zugang zu Behandlungen erschwert oder verhindert wird?

 

Für trans Personen ist es oftmals eine Zeit- und Energieraubende Belastung für den Zugang zu Gesundheitsversorgung kämpfen zu müssen. Diskriminierende Erfahrungen sind dabei alltäglich. Dies wird deutlich bei Gesprächen innerhalb der Community und auch den zahlreichen Statements, die uns von Betroffenen für diesen Aktionstag zur Verfügung gestellt wurden. Besteht kein Zugang zu Behandlungen erhöht dies das Risiko von einer HIV-Infektion, Depressionen, Suizidalität und Drogenmissbrauch. Knapp 41% der trans Jugendlichen in den USA haben schon einmal einen Suizidversuch unternommen.

Neben der persönlichen Belastung, die dadurch verursacht wird, entstehen auch finanzielle Schäden. Eine Studie aus den USA zeigte, dass die finanziellen Kosten, die durch verweigerte Behandlung entstehen, höher sind, als die ursprünglichen Kosten der Transitionsmaßnahmen gewesen wären. Auch in Deutschland entstehen durch Zwangstherapie unnötige Kosten in der Versorgung. Geht man davon aus, dass alle trans Personen, die 2022 einen Antrag auf geschlechtsangleichende Behandlung gestellt haben, die 12 Stunden Zwangstherapie abgesessen haben, sind allein durch diese Therapie unnötige Kosten von knapp 6 Millionen Euro entstanden. Auch die Gutachten, die trans Personen im Rahmen des Verfahrens zur Namensänderung nach TSG bezahlen müssen, kosten oft mehrere hundert bis tausende Euro pro Fall.

Aus der Beratungspraxis wird berichtet, dass knapp 50% der Ressourcen dafür verwendet werden mit Transfeindlichkeit und Pathologisierung im Gesundheitssystem zurecht zu kommen. Wichtige zeitliche Ressourcen, die auch dafür verwendet werden könnten, Menschen mit dem zu helfen, was sie tatsächlich beschäftigt.

Wie funktioniert der Zugang zu trans*spezifischer Gesundheitsversorgung aktuell?

 

Trans*spezifische Gesundheitsversorgung ist ein großer, unübersichtlicher Flickenteppich. Regional kann es sich stark unterscheiden nach welchen Behandlungsleitlinien Ärzt*innen arbeiten und das Gesundheitssystem ist stark überlastet. Auf Termine muss man in der Regel mehrere Monate, teils Jahre warten. Häufig richten Ärzt*innen und Krankenkassen sich nach veralteten und pathologisierenden Richtlinien.

Bspw. wird von Krankenkassen in der Regel eine Diagnostik mit dem veralteten ICD-10 eingefordert, in welchem trans als F64.0 fälschlischerweise als Störung eingeordnet wird. Für geschlechtsangleichende Operationen muss ein Kostenübernahme-Antrag bei der Krankenkasse gestellt werden. Es ist häufig belastend und unnötig zeitaufwendig alle nötigen Unterlagen zusammen zu bekommen. Für gaOPs sind mindestens 12 Stunden Therapie über ein halbes Jahr hinweg vorgeschrieben. Therapie kann für einzelne Personen hilfreich sein, aber so lange Zwang und Abhängigkeiten bestehen kann kein vertrauensvolles Verhältnis aufgebaut werden. Gegenüber Therapeut*innen und Gutachter*innen müssen entwürdigende und diskriminierende Fragen über die eigene Unterwäsche oder das Masturbationsverhalten beantwortet werden.

Teils erfinden Ärzt*innen auch eigene Standards. Für den Zugang zu hormoneller Behandlung mussten sich bspw. einige trans Personen einer unfreiwilligen Genitalienbegutachtung unterziehen. Vermeintliche trans „Expert*innen“ mischen mit und arbeiten mit der erfundenen Diagnose der Rapid Onset Gender Dysphorie (ROGD). Diese beruht auf einer einzigen Studie, bei welcher ausschließlich Angehörige von Kindern befragt wurden und keine Betroffenen selbst. Es wurde nicht zwischen Transidentität und geschlechts-nonkonformen Verhalten unterschieden. Trotz dieser unwissenschaftlichen Entstehung wird diese Fantasie-Diagnose benutzt, um jugendlichen trans Personen den Zugang zu sicheren und erprobten Pubertätsblockern zu verweigern. Zu wissen, dass medizinische Behandlung verfügbar ist und dennoch durch eine ungewollte Pubertät gehen zu müssen, kann man nur als psychische Folter bezeichnen.

Welche Rolle spielt der Medizinische Dienst (MD)?

 

Wurde ein Antrag bei der Krankenkasse gestellt, bspw. auf Haar-Entfernung oder für eine geschlechtsangleichende Operation, müssen zahlreiche Unterlagen eingereicht werden. Die Krankenkasse guckt sich diese nicht selber an, sondern leitet diese zur Begutachtung an den Medizinischen Dienst weiter. Dieser schreibt eine Empfehlung, ob die Maßnahmen bewilligt werden sollten oder nicht. Krankenkassen sind nicht verpflichtet sich an diese Empfehlungen zu halten, tun dies in der Praxis aber fast ausnahmslos. Da der MD im Auftrag der Krankenkassen arbeitet überrascht es nicht, dass dieser versucht Kosten zu sparen und knapp 50% der Anträge ablehnt. Betroffene müssen sich oft auf langwierige Klageverfahren einstellen.

Auch eine „teilweise Bewilligung“ werten wir als Ablehnung. Denn in der Praxis heißt das bspw. das eine Laser-Haarentfernung ausschließlich bei Hautärzt*innen bewilligt wurde. Hautärzt*innen fehlen aber in der Regel die Kapazitäten für diese zeitaufwendige Behandlung, wodurch Betroffenen der Zugang verwehrt wird. Bei lokalen Kosmetikstudios hingegen wären qualitative Behandlungen zeitnah möglich, aber entsprechende Behandlungsfinanzierung wird in der Regel abgelehnt.

Was ist besonders bei der Gesundheitsversorgung nicht-binärer Menschen?

 

Nicht-binäre Menschen kommen im Gesundheitssystem offiziell nicht vor. Besteht Zweifel an der Binarität, also der eindeutigen Zuordnung als „Mann“ oder „Frau“ wird die Kostenübernahme für Transitionsmaßnahmen in der Regel verweigert. In der Praxis heißt das, dass nicht-binäre Personen sich entscheiden müssen, ob sie auf Maßnahmen verzichten oder Behandler*innen über die eigene Geschlechtsidentität anlügen. Dies führt dazu, dass Behandler*innen überwiegend „vermeintlich“ binäre trans Personen kennen lernen und sich daraus ein Bild machen, wie „richtige“ trans Personen sind. Kommen nun nicht-binäre Personen in die Behandlung, wird diesen wiederum die eigene Transidentität abgesprochen oder versucht sie in binäre Normen zu quetschen.

Wie könnte es stattdessen ablaufen?

 

Wir haben Ideen aus der Community gesammelt, was sie sich für eine gute Gesundheitsversorgung wünschen würden.

Auch heute schon können legal andere Behandlungswege ausgeschöpft werden. Für den Zugang zu Hormonen ist bspw. auch ein Verfahren mit informierten Einverständnis (informed consent) möglich. Ärzt*innen fokussieren sich dabei auf ihren eigentlichen Job – sie stellen Informationen bereit und stehen bei Behandlungsschritten beratend und begleitend zur Seite. Die letztendliche Entscheidung wird aber den Patient*innen überlassen. Dies wird auch schon von einigen Ärzt*innen erfolgreich so praktiziert, aber leider noch von viel zu wenigen. Auch bei anderen medizinischen Behandlungen, wie bspw. einer Krebstherapie, ist informierter Konsens der Goldstandard.

Perspektivisch sollte ein informiertes Konsens Verfahren für alle Transitionsschritte genutzt werden können. Therapie sollte nie unter Zwang stattfinden. Wo dies bisher nicht möglich ist, wie bei bspw. geschlechtsangleichenden Operationen, müssen dringend gesetzliche Standards geändert werden. Es ist ein unhaltbarer Zustand, dass trans Menschen durch die Anwendung einer diskriminierenden Richtlinie, die laut zehn medizinischen Fachgesellschaften „weder mit dem aktuellen Fachwissen noch berufsethischen Grundsätzen vereinbar“ ist, leiden müssen.

Medizinische Fachkräfte brauchen flächendeckende Schulungen und respektvoller Umgang mit trans Personen muss Teil jeder Ausbildung sein.

Die Gestaltung neuer gesetzlicher Richtlinien sollte federführend von Betroffenen gemacht werden. Der Bundesverband Trans gibt bspw. regelmäßig Tipps und Empfehlungen für Fachkräfte und trans Personen heraus.